Viele Anleitungen für Quilts enthalten detaillierte Anweisungen, wie Stoffe zusammengestellt, Patche geschnitten und Blöcke genäht werden sollen. So entstehen wunderbare Quilt-Tops mit herrlichen Mustern, wirklich eindrucksvoll.

Und dann? Dann heißt es: Sandwich herstellen und nach Belieben quilten. Bitte? Genau wie bei der Herstellung eines Tops gibt es hier endlose Möglichkeiten. Was tun? Hier einige Gedanken, die man sich zum Thema Quilten machen kann, damit der Quilt am Ende „nach Belieben“ gelungen ist:

1. Was kann ich?

Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben – ja, sicher sollte man sich Herausforderungen stellen und Neues auszuprobieren. Da man aber bei neuen Techniken meist erstmal einiges an Lehrgeld gezahlt werden muss, sollte man sie nicht sofort an Tops austesten, die man mit sehr viel Herzblut genäht hat. Eine vermeintlich einfache Technik, wie z.B. im Nahtschatten nähen, kann genau mit diesem Top, genau heute die absolut richtige Entscheidung sein. Wenn ich mir mit Hilfe einiger Kissenhülle eine andere Technik „draufgeschafft“ habe, ist das Risiko geringer, ein wichtiges Top zu ruinieren. Hier gilt aber immer der Spruch: ein unperfekter, fertiger Quilt ist besser als ein unfertiger Quilt, der vielleicht, irgendwann perfekt sein könnte.  

2. Wieviel Aufwand will ich investieren?

Ein Miniquilt ist auch mit der Hand schnell gequiltet, bei einer Decke ist der Zeitaufwand um einiges größer. Es braucht einiges an Ausdauer, viele Stunden und viel Geduld, mit der Hand zu quilten. Nicht nur die Größe des Projektes schlägt hier zu Buche, auch der Detailreichtum des gewählten Quiltmusters bestimmt die Arbeitszeit. Dabei muss es nicht immer schnell-schnell gehen. Oft ist der Weg das Ziel und die meditative Handarbeit genau das, was im Moment richtig ist. Muss der Quilt aber zu einem bestimmten Datum fertig sein, weil er ein Geschenk ist, sollte man genau abschätzen, ob die Zeit reicht.

Auch die Nähmaschine ist unterschiedlich flott unterwegs. Ein Muster, bei dem der Quilt immer wieder unter der Maschine gedreht werden muss, braucht mehr Zuwendung als parallel verlaufende Nähte quer über den ganzen Quilt. Ist das Quilten Teil des künstlerischen Gesamtkonzepts oder nur Mittel zum Zweck der Fertigstellung?

3. Was habe ich?

Handquilten

  1. Entweder ein klassischer runder Quilt-Rahmen oder
  2. ein Ständer-Quilt-Rahmen muss vorhanden sein
  3. Es braucht Quiltnadeln, Fingerhut und ggf. Fingerschutz

Maschinequilten mit der Nähmaschine

  1. Die Nähmaschine muss das Sandwich verarbeiten können
  2. Am besten hat sie einen großen Durchlass zwischen Nadel und Motor
  3. Für Freemotion-Quilten muss der Transporteur versenkbar sein (eigentlich Standard)
  4. Möchte ich mit Rulern/Linearen arbeiten, brauche ich einen Rulerfoot
  5. Um bequem unter der Maschine quilten zu können, ist ein großer Anschiebetisch praktisch
  6. Handschuhe erleichtern die Arbeit

Natürlich ist die Aufzählung nicht vollständig. Dazu ist es auch viel einfacher, Quiltnadeln zum Handquilten neu zu kaufen, als eine Longarm-Quiltmaschine, wenn man diese Technik toll findet.

4. Welches Muster wähle ich?

„Das kommt darauf an“ – das ist die Standard-Antwort von Juristinnen und Juristen auf gefühlt alle Fragen. Es macht sicher einen Unterschied, ob die Quiltfläche ein einheitliches Muster hat (ein Wholecloth-Quilt ist das Extrembeispiel) oder z.B. aus einem Block-Sampler besteht. Das Quilten kann ein lebhaft gemustertes Top beruhigen, indem es hinter das Patchwork-Muster zurücktritt, oder es kann ein eher langweiliges Top beleben, da bestimmte Bereiche durch das Quilten betont werden.

Im Nahtschatten quilten

Beim Quilten im Nahtschatten übernimmt das Quilten in erster Linie die pragmatische Funktion, Top, Vlies und Rückseiten-Stoff zusammenzuhalten. Als gestalterisches Element tritt die Quiltlinie in den Hintergrund. Trotzdem wird das Top gegliedert, z.B. die einzelnen Blöcke voneinander abgegrenzt. Es muss ja nicht jeder Nahtschatten gequiltet werden. Schon allein diese Entscheidung prägt das Ergebnis.

Der Vorteil ist, dass das Top bereits das Quiltmuster vorgibt und nicht noch zusätzlich ein Muster entwickelt und auf dem Top markiert werden muss. Als Nachteil könnte man nennen, dass damit eine kreative Chance vertan wird.

Segmente quilten

Besteht ein Quilttop aus Blöcken, sind damit bereits Segmente vorgegeben. Man kann aber auch Segmente definieren, die sich über mehrere Blocks erstrecken. Oder aber die einzelnen Patche eines Blocks bilden für sich Segmente.

Für jedes Segment wird ein Quiltmuster festgelegt. Entweder für alle Segmente das gleiche oder für jedes Segment ein individuelles. Rahmen und Stege unterscheiden sich z.B. von Blöcken.

Die Quiltlinien folgen nicht der Patch-Naht, sondern liegen dazwischen oder „quer“ dazu. Mit Hilfe von Schablonen können z.B. Blumenmotive in jeden Block gezeichnet und dann gequiltet werden. Hier muss beachtet werden, dass das Quiltmuster nicht in Konkurrenz zum Blockmuster stehen darf. Das Auge sollte es leicht haben, sich auf die Hauptsache zu fokussieren. Soll das Quiltmuster hinter das Blockmuster zurücktreten, wählt man besser einen dezenten Farbton des Quiltgarns.

Edge-to-Edge quilten

Auch das Quiltmuster von Kante-zu-Kante liegt auf dem Top, ohne den Nähten der Blocks zu folgen. Dieses Muster ignoriert aber zusätzlich sämtliche Segmente. Charakteristisch für viele Edge-to-Edge-Muster ist, dass es durch eine ununterbrochene Linie gebildet wird. Das ist beim Handquilten nicht so wichtig, hier kann eine Quiltlinie jederzeit neu angesetzt werden. Beim Maschinenquilten können am Anfang und am Ende einer Naht jedoch unschöne Knötchen entstehen. Beginnt die Naht an einer Seite des Quilts und endet auf der gegenüberliegenden Seite, ist die Linie an jeder Stelle nice and flat, also schön flach. Das Muster wird in Reihen gequiltet, die so aneinander liegen, dass sie ein Flächenmuster bilden.

Freemotion Quilting

Hier werden die Segmente ganz „frei“ gequiltet. Durch enges Quilten (z.B. durch Stippling oder Blasen, werden Bereiche zu Hintergründen. Bei weiterem Abstand der Quiltlinien poppt das Vlies, so dass hier ein Berg- und Talmuster entsteht. Achtung: Quilts mit vielen Nähten werden gerne steif, was Wandquilts nicht viel ausmacht, Kuschelquilts werden aber schnell ungemütlich. Wer Angst hat, das Projekt tot zu quilten, kann an kleinen Projekten üben, die aus den gleichen Materialen (Top/Vlies/Rückseite) bestehen. Damit kann man abschätzen, wieviel Quilten das Vlies verträgt. Hier ist weniger meist mehr

5. Fazit

Im Internet gibt es eine Vielzahl an zum Teil kostenlosen Anleitungen. Für das Handquilen gibt es z.B. von der leider verstorbenen Esther Miller schöne Youtube-Tutorials  Eine umfangreiche Mustersammlung für Maschinenquilten finden sich bei Leah Day und – ebenfalls bei Youtube – Angela Walters

Generell gilt, wie immer beim Quilten, alles ist richtig. Es gibt keine Quilt-Polizei, alles ist möglich. Wichtig ist, mutig zu sein, Erfahrungen zu sammeln und damit die eigenen Möglichkeiten realistisch und kreativ einzusetzen. Genau so wichtig ist es, nachsichtig mit sich selbst zu sein, Fehler nicht als Versagen zu sehen, sondern als Teil eines kreativen Prozesses, der mit dem aktuellen Projekt nicht endet. Es gibt noch so viel Schönes, was wir erschaffen können!