Wenn vieles am seidenen Faden hängt, man etwas gegen den Strich bürstet und das dann fadenscheinig findet, sich nach Strich und Faden verraten fühlt und nicht mehr alle Fäden in der Hand hält, hat man offensichtlich den roten Faden verloren. Es gibt so viele Redensarten rund um den berühmten Faden, den man im besten Fall selbst zieht und an dem man besser nicht wie eine Marionette von anderen geführt wird. Auch die lange Leine ist nichts anderes als solch ein Faden, oder?

Meine Großmutter, die mir in so manchem ein großes Vorbild ist, hat viel genäht, gehäckelt und gestrickt. Und obwohl sie z.B. akkurat darauf geachtet hat, dass keine einzige Stecknadel auf den Boden fällt (Verletzungsgefahr!) fanden sich immer und überall Fadenreste, Garnknäul und Stoffreste. Opa kommentierte das etwas despektierlich mit: Lumpen, Lumpen nichts als Lumpen. Ich kann mich kaum daran erinnern, dass meine Oma mal mit leeren Händen dasaß und nichts tat. Sie hat uns sehr viel gezeigt und beigebracht. Auch das Sticken, das Nähen mit der Hand, das Flicken und Stopfen. Für die Jüngeren: früher hat man z.B. Löcher in den Socken ausgebessert und nicht gleich alles weggeworfen und neu gekauft. Wir sollten heute auch wieder mehr flicken, das würde echt Ressourcen schonen.  Wenn da nicht die Bequemlichkeit wäre…

Aber ich möchte meinen Faden wieder aufnehmen und erzählen, was es mit dem faulen Mädchen auf sich hat. Ein Lehrspruch meine Großmutter lautete: Langes Fädchen, faules Mädchen. Also: bitte den Faden beim Sticken etc. nicht zu lang abschneiden. Mit einem langen Nähfaden spart man sich zwar das aufwendige Einfädeln, handelt sich aber dadurch einige Nachteile ein: Der Faden muss ja gleichmäßig durch den Stoff gezogen werden, er darf sich nicht verzwirbeln und auf keinen Fall verknoten. Mit einem langen Faden, den man bis hinters Ohr ziehen muss, bis der Stich fertig ist, kann man kein gleichmäßiges Stichbild erreichen. Fazit: Faule Mädchen nähen nicht schön, oft nicht mal gut. Ich schneide Fäden also höchstens drei Handbreit ab, gelernt ist gelernt. Eine kleine Bildersuche im Netz nach „Das tapfere Schneiderlein“ ergibt, dass der Herr keine Großmutter hatte, die ihm das beigebracht hat. Mann zeigt wie’s gehen kann, Frau zeigt was rauskommt…

In diesem Sinne zeige ich euch eine wie ich finde als gelungene Nadelarbeit dieses kleine Stück: es hat eine Seitenlänge von ca. 10 cm und ich habe es für eine Geburtstagskarte verwendet. Stellt euch vor wie es aussehen würde, hätte ich alles immer einen langen, langen Faden verwendet. Ich und der Faden, wir wären sicher verwirrt gewesen 😉